Kochbuch-Rezension: Hin und Weg

IMG_4114„Für Ingstagram?“, fragt mein vierjähriger Sohn, wenn ich vor dem Abendessen noch schnell mein Handy über den dampfenden Teller halte oder am Nachmittag die Kuchengabel dekorativ neben den Muffins drapiere. Dass Essen hübsch aussehen sollte – daraus macht Claudia Schilling in ihrem Buch „Hin und Weg“ keinen Hehl, Anleitungen inklusive. Viel wichtiger aber: Ihr Essen schmeckt. Und lehrt mich: Wie so oft lohnt ein Blick auf die inneren Werte.

Erprobte und bewährte Rezepte für einen „Alltag auf Achse“ verspricht Claudia Schilling in ihrem 340 Seiten starken Kochbuch „Hin und weg“, in das sie neben jeder Menge Snacks und Salate auch Näh- und Bastelanleitungen für eine hübsche Verpackung derselben gesteckt hat. Mein erster – zugegeben sehr flüchtiger – Eindruck: Das perfekte Standardwerk für die moderne Insta-Mom, Hauptsache das Essen sieht gut aus. Bevor jemand an dieser Stelle schon aufhört zu lesen, sei vorausgeschickt: Ich habe mich gründlich getäuscht!

Claudia Schilling ist Foodstylistin und lebt in Basel. Ihren großen Traum, einmal ein Kochbuch zu schreiben, hat sie sich mit „Hin und Weg“ erfüllt – es verbindet ihre Alltagserfahrungen als Mutter von zwei Kindern und ihre Sammelleidenschaft für Retro-Lunchboxen, die sie in einem „Boxikon“ zu Beginn des Buches vorstellt und ihre Leser ermuntert, auch auf eine Wanderung mal das Lieblingsdessert mitzunehmen oder Suppen und Salate „to go“ einzuplanen.

Aufgeteilt in neun Kapitel hat Claudia Schilling 170 Lunchbox-Rezepte versammelt – Klassiker wie Chili con Carne oder Gulaschsuppe, allerlei Salate, Sandwiches, Müsli- und Kuchenrezepte. Dazwischen immer wieder Nähanleitungen für Lunchbeutel oder wiederverwendbare Sandwichtüten, schön fotografiert und mit „handschriftlichen“ Notizen versehen, die ein bisschen an eine Kladde mit alten Familienrezepten erinnern.

Ich nähere mich nach dem ersten Durchblättern dem Buch skeptisch: Brauche ich für Gerichte wie Krautsalat und Apfelkuchen wirklich ein weiteres Kochbuch? Nähen oder stricken kann ich nicht, also fange ich an zu kochen. Und werde direkt positiv überrascht.

In diesem Fall vom Coleslaw-Apfel-Salat: Acht Zutaten, sechs Zeilen Text, fünfzehn Minuten Arbeit und ein gigantisch gutes Ergebnis. Knackige Pekannüsse, süßer Ahornsirup und säuerlicher Apfel sind eine Traumkombination, die ich so noch nicht ausprobiert hatte. Auch der Quinoasalat mit Avocado, Kaki, Mais, Speck und Minze überzeugt – sogar meinen Mann, der meinen eigenen Quinoa-Variationen bislang skeptisch gegenüberstand.

Eine Retterin!

Noch skeptischer nähere ich mich den Sandwich-Rezepten des Buches und bin vollends überrascht: Claudia Schilling backt alle Brote dafür selbst, auf einer Doppelseite hat sie die Rezepte dazu kompakt zusammengestellt. Seither ist sie die Retterin meines Alltags: Es fehlt Brot für die Frühstücksboxen der Kinder am nächsten Morgen? Kein Problem, ich backe abends schnell ein Toast- oder Proteinbrot. Oder fürs Abendessen schnell ein paar Brotstangen mit Walnüssen oder eine duftende Fougasse mit Kartoffeln.

Auch sonst ist „Hin und Weg“ seither mein Alltagsbegleiter. Ein Kochbuch, zu dem ich greife, wenn ich schnell etwas für die Kinder zubereite, aber auch, wenn ich zum Grillabend einen Salat mitbringen will oder abends ein paar Freunde zu einem Glas Wein eingeladen habe. Denn natürlich kann man die Lunchbox-Ideen genauso zuhause genießen. Was mich besonders überzeugt: Viele der Zutaten habe ich im Haus, oft aber noch nicht in der Weise kombiniert, wie Claudia Schilling es mir vorschlägt.

Kurz – an diesem Wortspiel komme ich nicht vorbei – ich bin hin und weg. Zwar sind die Rezepte sicherlich keine Neuerfindung der Kochkunst. Dafür wird dieses „Hin und Weg – 170 clevere Lunchbox-Rezepte“ auch nicht im Regal verstauben, sondern ist mir im Alltag als Mutter immer wieder nützlich. Das Kochbuch hat sich zu meinem  Favorit als Familienkochbuch gemausert, auch weil eine Vielzahl von Gerichten direkt aus dem Vorrat kochbar sind.

Veröffentlicht im März 2021 auf Valentinas – Best of Cookbooks

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