Kochbuch-Rezension: Äpfel

IMG_4116Wenig exotisch und trotzdem sehr vielseitig: James Rich macht Äpfel zu Hauptdarstellern und widmet ihnen rund 100 Rezepte. Darunter sind viele Klassiker, ein paar Enttäuschungen, aber auch eine echte Überraschung.

Eine Holzkiste im grünen Gras, darin Äpfel in den prächtigsten Farben: Schon das Cover des Kochbuchs Äpfel – Rezepte aus dem Obstgarten mit dem schlichten Titel „Äpfel“ lässt das Wasser im Mund zusammenlaufen. Wenn es draußen kälter wird, hat ein Stück Apfelkuchen, ein ofenwarmer Apfel-Crumble oder auch ein Apfelpfannkuchen mit Zimt und Zucker etwas unglaublich Tröstliches. So mache ich es mir auf dem Sofa gemütlich, blättere durch die Seiten und bekomme sofort Hunger.

James Rich ist im englischen Somerset aufgewachsen und stammt aus einer Familie von Cider-Produzenten. Als Jugendlicher arbeitete er im farmeigenen Restaurant, heute pendelt der Food-Autor zwischen London und dem Familiensitz in Somerset. Dort stieß er auf eine alte Rezeptsammlung, die zur Grundlage des Buches wurde.

Auf die Apfelsorten kommt es an

„Ich weiß, dass dies nicht das erste und bestimmt nicht das letzte Buch zum Thema Apfel ist“, bekennt James Rich direkt in der Einleitung – trotzdem will er dem „bescheidenen Obst“ eine große Bühne geben, zeigen, wie vielseitig man den Apfel in der Küche einsetzen kann. Das Buch beginnt mit einem kurzen Theorieteil über die Geschichte des Apfels und verschiedene Sorten, danach gliedert es sich in fünf Hauptkapitel: leichte Kleinigkeiten, herzhafte Gerichte, Beilagen und Saucen, Süße Sachen und Getränke.

Nach erstem Durchblättern bin ich Feuer und Flamme, kaufe vor lauter Aufregung einem Obsthändler, der zufällig an unserer Haustür klingelt, einen Karton mit 20 Kilo Äpfeln ab. Nach wenigen Seiten konzentrierter Lektüre muss ich allerdings feststellen, dass das großer Quatsch war: Apfel ist nicht gleich Apfel. Allein 16 Sorten stellt Rich in seinem Buch vor, verweist in den Rezepten dann immer darauf, ob eher süße oder säuerliche Äpfel verwendet werden sollten. Viele davon kenne ich wie Braeburn, Boscoop, Cox Orange, Elster, Gala, Granny Smith, Jona Gold und Pink Lady.

Die Rezepte – durchwachsen

Entschieden habe ich mich relativ schnell: Den ultimativen Apfel-Crumble muss ich probieren, schließlich preist Rich ihn als das „mit großem Abstand [das] beliebteste Dessert“ in seiner Familie an. Gerade einmal 50 g Butter kommen auf 200 g Mehl, 250 g Zucker und je 50 Gramm Haferflocken und Haselnüsse – beim Verrühren bin ich skeptisch: Der Crumble wirkt staubtrocken.

Ich widerstehe der Versuchung, mit zusätzlicher Butter nachzuhelfen und schiebe den Crumble in den Ofen – doch auch nach dem Backen sind die Äpfel von einer feinbröseligen, trockenen und sehr süßen Schicht überzogen. Der dänische Apfelkuchen, den ich mir danach vornehme, gelingt besser: Schnell hergestellt und herrlich saftig, löst er genau das ein, was Rich in dem Rezept verspricht.

Ich wage mich an etwas Exotischeres: Huhn mit Aprikosen, Cider und Miso. „Unglaublich aromatisch und schmackhaft“ soll diese Kombination sein, doch weder Cider noch Miso können wirklich überraschen, die „klebrig-süße Wucht“ kann ich nicht erschmecken.

Glücklich bin ich dagegen mit dem Experiment, das über viele Wochen im Hintergrund läuft: Alle anfallenden Apfelschalen und Kerngehäuse friere ich ein und setze sie schließlich zu Apfelessig an, der dann vier Wochen in meiner Vorratskammer vor sich hin fermentiert. Als ich den schließlich durch ein Sieb gieße und vorsichtig daran rieche, bin ich begeistert. Ein angenehm fruchtiger Cidre-Duft kommt mir entgegen, der Geschmack ist mild säuerlich und damit ideal für Salate.

James Richs Rezeptesammlung Äpfel – Rezepte aus dem Obstgarten rund um den Apfel ist authentisch und alltagstauglich, aber für mich am Ende zu wenig überraschend. Wer Äpfel mag, wird in diesem Buch vieles finden, was er gerne nachkocht und backt – vielseitiger als zuvor erscheint das Obst aber nicht.

Veröffentlicht im Februar 2021 auf Valentinas – Best of Cookbooks

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